Auf den Hund gekommen

Die Gründerinnen von YarnSustain, Ann Cathrin Schönrock und Franziska Uhl.

Manchmal müssen wir das Rad gar nicht neu erfinden, denn alles, was wir brauchen, ist eigentlich schon längst da. YarnSustain – dieses einzigartige Start-up macht es vor und verbindet dabei Nachhaltigkeit mit Entrepreneurship und Innovation. Denn die Strick- und Modedesignerin Ann Cathrin Schönrock und die Reutlinger Textiltechnologie-Studentin Franziska Uhl verarbeiten ausgekämmte Hundehaare zu Garn. Das Center for Entrepreneurship an der Hochschule Reutlingen unterstützt die beiden Gründerinnen bei ihrer Mission sowohl durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten in den Workspace-Containern auf dem Campus als auch bei der EXIST-Antragstellung. Im Juni haben sie das Stipendium des Förderprogramms EXIST des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erhalten.

Die Erhöhung der Erdtemperatur, Digitalisierung und Technologisierung sowie die jüngsten Ereignisse ausgelöst durch die Corona-Pandemie zeigen, dass sich in den kommenden Jahren einiges verändern wird. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das mehr und mehr in den Vordergrund rückt. Vor allem auf individueller Ebene gewinnt es zunehmend an Bedeutung. Die beiden Gründerinnen Ann Cathrin Schönrock und Franziska Uhl haben es sich zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht, mit ihrem Start-up ein Zeichen für mehr Nachhaltigkeit zu setzen und auf diese Weise zu einer bewussteren Welt beizutragen. In diesem Zug haben die Gründerinnen nun vor, die Yarn Sustain GmbH mit der Marke Modus Intarsia auszugründen.
YarnSustain nutzt dabei eine bereits bestehende Ressource, die allein in Europa schon zu Genüge vorhanden ist: ausgekämmte Unterwolle von Hunden, oder auch Chiengora genannt. Ann Cathrin Schönrock und Franziska Uhl wollen diese bisher ungenutzte Ressource vor dem Abfall retten und ihr ein neues Leben schenken. Durch Reinigungs- und Aufwertungsprozesse entsteht aus dem Hundehaar ein wunderbar weiches Garn, ähnlich wie Alpaka oder Cashmere, das für vielerlei Produkte verwendet werden kann.

Das Unternehmen möchte dieses Garn für den Markt zugänglich machen und leistet dabei auf zwei Wegen Pionierarbeit. Zum einen haben sie ein einzigartiges Crowdsourcing Netzwerk erschaffen, welches es ihnen ermöglicht, Unterwolle von Hundebesitzern, Züchtern und Hundesalons aus ganz Europa zu erhalten. Zum anderen arbeitet das Start-up ambitioniert daran, die Verfahrenstechniken weiterzuentwickeln und zu optimieren, denn die Nachfrage nach dem Industrie-Garn ist groß und wächst stetig. Dabei kommen Teile der Umsätze dem firmeneigenen Baumprojekt und Tierschutzorganisationen zu Gute.

Auf die Idee kam die gelernte Strick- und Modedesignerin Ann Cathrin Schönrock, als sie auf der Suche nach einem authentisch nachhaltigen und ethisch vertretbaren Garn für ihre Masterarbeit war. Zufällig beobachtete sie ihre Mutter beim Auskämmen ihres Hundes und überlegte, ob man diese eigentlich so wertvolle Wolle nicht weiterverwenden könnte – die Geburtsstunde von Modus Intarsia. Schnell konnte sie die angehende Textilingenieurin der Hochschule Reutlingen Franziska Uhl von ihrer Idee überzeugen, und so stürzten sich die beiden in die Arbeit.
Und dies mit großem Erfolg. Denn seit Juni 2020 wird das Gründerteam durch das EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unterstützt. Dieses Förderprogramm fokussiert sich vor allem auf innovative technologieorientierte oder wissensbasierte Projekte mit signifikanten Alleinstellungsmerkmalen und wird nicht ohne Grund als der „Rolls Royce“ der staatlichen Förderprogramme bezeichnet. Unterstützt wird dabei nicht nur finanziell mit einem monatlichen Stipendium, sondern auch mit Mentoring- und Coaching Programmen, die das Start-up auf seinem Erfolgsweg boosten sollen.

YarnSustain steht erst am Anfang seiner Reise, hat aber heute schon eine Vorbildfunktion in Sachen Nachhaltigkeit, Innovation und einem zukunftsorientierten Mindset. In den kommenden Jahren werden wir sicher noch viel von diesem einzigartigen Start-up hören!

Foto: Stephanie Braun